In der Frühförderstelle Parchim übt Arthur spielerisch für das Leben

Parchim • „So alt bin ich”. Arthur streckt seine kleine Hand in die Höhe und spreizt alle Finger. Dann flitzt er in den coolen Raum, in dem eine Rutsche, weiche Matten, die Sprossenwand, Kisten, ein Memory-Puzzel und Frühförderin Anne Trojak auf ihn warten. Arthurs Mutter Anita Stech ist nun für eine Stunde „abgemeldet”. Das findet sie gut. „Arthur liebt ‚seine’ Anne. Er fühlt sich hier wohl und hat keine Berührungsängste”, freut sie sich. Und, dass es ihrem Sohn immer bessergeht.

Seit der Kleine vor zwei Jahren schwer an Leukämie erkrankte, hat sich für die vierköpfige Parchimer Familie die Welt verändert. Anita Stech: „Wegen der vielen Klinik- und Reha-Aufenthalte von Arthur war unsere Familie im gesamten Jahr 2019 vielleicht acht Wochen zusammen.” Wegen der schweren Nebenwirkungen der Chemotherapie musste Arthur in Physio- und Ergotherapie vom einfachen Kopfheben bis zum Laufen alles wieder neu lernen. Dort wurde auch festgestellt, dass der zarte Junge umfassend weitergefördert werden muss. Seit ein paar Wochen ist Arthur nun regelmäßiger Gast der Frühförderstelle in der Leninstraße 6. Und lernt und spielt und spielt und lernt. So schult er unter anderem sein Gleichgewicht, übt die Koordination der Hände und hüpft manchmal auf einem Trampolin, während er gleichzeitig mit Anne Schüttelreime spricht.  „Frühförderung ist so angelegt, dass die Kinder in der Regel gar nicht merken, dass mit ihnen ‚gearbeitet’ wird”, sagt Teamleiterin Frauke Mundt. Dabei sind bei weitem nicht alle Fälle von solcher Komplexität, wie der von Arthur.

Frauke Mundt: „Unser Angebot richtet sich generell an alle Kinder, die sich im Vergleich zu Gleichaltrigen langsamer entwickeln, Auffälligkeiten beim Spielen, Bewegen, Sprechen oder Hören zeigen oder als Frühchen zur Welt gekommen sind.” Aber auch Kinder mit geistiger oder körperlicher Behinderung, einer chronischen Krankheit oder einem Anfallsleiden gehören zur Zielgruppe. Den Kontakt zum Angebot der heilpädagogischen Frühförderung, das von den Lewitz-Werkstätten getragen wird, können Eltern unkompliziert herstellen. „Einfach die 03871 62920471 anrufen oder sich unter www.lewitz-werkstaetten.de informieren und einen Termin mit uns vereinbaren”, ermuntert Frauke Mundt die Mütter und Väter, die sich Sorgen um die altersgerechte Entwicklung ihres Kindes machen. 

„In einem ersten kostenlosen Gespräch schauen wir uns dann die Lage an und wenn es erforderlich ist, helfen wir auch bei der Antragstellung an den Fachdienst Soziales. Dieser entscheidet dann darüber, ob das Angebot der Frühförderung genutzt werden kann.” Die wöchentlichen Förderstunden sind elternfreundlich gestaltet. Frauke Mundt: „Keine berufstätige Mutter muss während ihrer Arbeitszeit ihr Kind zu uns bringen. Wir kommen auch in die Kitas und absolvieren die Therapie vor Ort oder holen die Kinder zu uns und bringen sie wieder zurück.” 

Arthurs Mutter kann von diesem Service zurzeit nur träumen. Sie wäre froh, wenn ihr Blondschopf wieder in seine Kita und sie selbst zur Arbeit gehen könnte. „Arthur darf noch eine ganze Weile nicht in den Kindergarten. Erst nach dem Ende der Chemo können wir das ins Auge fassen.” Wann der Fünfjährige in die Schule kommt, steht aufgrund seiner momentan vielen körperlichen Defizite nicht genau fest. Vielleicht in drei Jahren. Wenn alles super läuft, auch schon ein Jahr früher.

Arthurs Eltern wussten wohl bereits früh, dass ihr Sohn ein Kämpfer wird. Sie gaben ihrem Jüngsten den Namen des sagenumwobenen gerechten Königs und Anführers der Ritter der Tafelrunde. Dieser bezwang in vielen Schlachten jeden noch so mächtigen Gegner.  Heute sitzen an Arthurs Tisch Menschen, die ein starkes Netzwerk bilden, um den Krebs zu besiegen. Es sind neben den Ärzten, Krankenschwestern und Therapeuten besonders Mutter Anita, Vater Tilo, Bruder Tom, Verwandte, Bekannte und die Kinder und Erzieherinnen aus seiner alten Kita. Auch Dolly, die alte braune Stute aus Arthurs Reittherapie, hat sich dort eingereiht. Und natürlich Anne von der Frühförderung.